»In the veld - (Karoo walks)«
Residency Februar/ März 2020 in Price Albert, Südafrika
zu Gast durch die Prince-Albert-Gallery, Church-Street, PA
Ausstellungen: 2020 PA-Gallery
2022 »FLOATING LANDSCAPES«, galerie 5020, Salzburg
2023 »In the veld (Karoo walks)«, Kunstraum Pro Arte, Hallein
TRIVIA:
ERSTE INTERVENTIONEN: GEHEN. Vor Ort. Tägliche Wanderungen. Die ersten Kilometer mit dem Auto, dann zu Fuß weiter. Man sammelt. Eine beinahe zur künstlerischen Routine gewordene Strategie: über die Jahre hat man gelernt, den „Impulsen“ seiner Vorstellung zu vertrauen, ohne sich weiter Gedanken darüber zu machen, was möglicherweise später als unpassend oder banal gelten würde.
INTERVENTION: TRANSFORMNATION UND MEDIEN. Will man den Prozessen und den Eindrücken, die man erfahren hat Form geben, wird schnell klar, dass das Nacherleben von Raum und dessen Geheimnis von Licht und Farbe, von Gegen-Ständen und Strukturen und der physischen Erfahrung, selbst zum Teil der künstlerischen Intervention gewesen zu sein, mehrerer „Sprachmittel“ bedarf. Erst in einem Zusammenspiel der verschiedenen Medien und erst im Dialog dieser untereinander wird eine Annäherung an jenen Raum möglich, den man über Wochen erwandert hatte.
Die Besucher:innen tauchen ein in einen geführten Dialog der unterschiedlichen Mittel die der Grafik, der Malerei und der Fotografie zu eigen ist und die miteinander ein ideales Ganzes in einem Ausstellungsraum ergeben, der als Rahmen des Vorhabens Form ist.
BESONDERE UMSTÄNDE I: LOCKDOWNS. Unvermutet und ohne Vorwarnung breitete sich während des Südafrikaaufenthaltes in Europa die Coronapandemie aus. Unter abenteuerlichen Umständen kehrte ich nach Salzburg in die Reihe der ersten Lockdowns zurück, noch nicht ahnend, was und wie ich das Mitgebrachte (Fotomaterial, Tusche- und Bleistiftzeichnungen und Notizen) „verwerten“ würde. Die durch die Pandemie notwendig gewordenen Maßnahmen und Beschränkungen standen in einem krassen Gegensatz zu dem, was noch kurz zuvor Realität gewesen war. Die Weite, der unbegrenzt freie Raum, Zuversicht und Ruhe standen verordnetem Hausarrest, Ungewissheit und unklarer Bedrohung gegenüber. Diese Situation, so wie die noch ganz frischen und unabgenützten Sinneseindrücke führten sozusagen Regie bei einer beinahe von selbst entstehenden größeren Anzahl von Landschaftsbildern: einfache klare Kompositionen, Farbklänge, Weite et cetera in einem Zwiegespräch mit dem Autor und dessen Seherfahrungen, fügen sich Stück für Stück Teile für ein größeres Ganzes zusammen.
BESONDERE UMSTÄNDE II: KLAUSUR (BERLIN). Während eines zweimonatigen Arbeitsaufenthaltes im Winter 2021/22 konnte wieder mit der Arbeit an den, schon in Südafrika entstandenen Tuschezeichnungen (resp. Tuschemalereien) angeknüpft werden. Für diese wurden neben handelsüblichen Tuschen farbige Tinkturen selbst hergestellt – eine Reminiszenz an die Tradition von Reisebildern, wie sie ehedem von malenden und zeichnenden Künstler:innen mit einfachen Mitteln angefertigt wurden. Die eine oder andere bereits in Prince Albert entstandene Arbeit wurde gegebenenfalls noch einmal überarbeitet, aus der Erinnerung und mit Unterstützung von Skizzenmaterial wurde noch eine weitere Anzahl solcher Blätter angefertigt und nun – die Erinnerung an den Aufenthalt beginnt zu verblassen, die notwendige Spontanität des Bildeinfalls läuft Gefahr sich in Gekonntes und Eingeübtes in Varianten zu wiederholen – sollte unter dem aus dem Aufenthalt entstandenem Bildmaterial ein Schlussstrich gezogen werden können.
TEXT Presse Kunstraum Pro Arte:
Die Ausstellung »In the veld – (Karoo walks)« von Johannes Ziegler zeigt Arbeiten aus einem Konvolut von Bildern, die in den vergangenen zweieinhalb Jahren anlässlich eines mehrwöchigen Arbeitsaufenthaltes in der südafrikanischen Steppenwüste Karoo entstanden sind und loten in den Räumen der Galerie in einer dialogischen Weise Überlegungen aus, die in Zusammenhang mit dem Reisen, dem Gehen als integralem Bestandteil künstlerischer Praxis, Wahrnehmung und Transformation sowie medienspezifischen Möglichkeiten und Eigenheiten, der Autorenschaft und der Rolle des Autors stehen.
Die Konzeption der Ausstellung fügt sich ein in Zieglers stete Auseinandersetzung mit dem performativen Prozess des Gehens und peripheren Beobachtungen, die das Rohmaterial für eine – idealerweise – raumübergreifende Präsentation bilden. In einem Wechselspiel von Malerei, Zeichnung und Fotografie entsteht ein Wirkfeld, in dem selbst scheinbare Nichtigkeiten zur Aufschlüsselung von größeren Zusammenhängen, als Puzzlesteine einer Erzählung zusammenwirken. Es entsteht so ein Kunstraum, der es den Besucher:innen erlaubt, dem Autor über die Schulter zu schauen, Zusammenhänge und Brüche im künstlerischen Prozess zu entdecken, Skizzenartiges und Ausgearbeitetes miteinander in Verbindung zu setzen und sich selbst – um dieses Bild zu verwenden –, wie etwa ein Weberschiffchen in den Ausstellungsräumen zu bewegen und in das Gewebe dieses Denkraumes einzutreten.
Die Monumentalität und die konstruktive Prägnanz der Erscheinungsformen der südafrikanischen Hochebenen, der Blick der sich öffnet, bis „die Welt selbst als eine weitere Ebene in einer endlosen Reihe von Ebenen“* erscheint, werden zum Auslöser von Überlegungen zu Fiktion und Ideal, Wahrnehmung und Transformation. Der vermeintlichen Objektivität (Kamera-Objektiv) der Fotoarbeiten steht in einem Dialog die subjektive Malerei gegenüber, die in der rein pigmentären Temperamalerei und ihrem kreidig-matten Oberflächenlicht gerade da zur Geltung kommt, wo „Erinnerung unscharf“ wird und diese nur noch aus Farben und Formen besteht, so wie bei den vermeintlich flüchtig hingeworfenen Zeichnungen, die durch ihre Strich- und Linienführung zu Assoziationen herausfordern und das Gesamtbild ergänzen. Die aus einer gewissen Distanz als Gegenstände lesbaren Elemente, die sich beim Nähertreten aufzulösen scheinen, gelten in der Konzeption der Ausstellung als programmatisch.
(*zit. Gerald Murnane in »Die Ebenen«, Suhrkamp 2017)