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INTERSTELLAR OVERDRIVE (ODYSSEY)«
(Nominierung für den art.albina Kunstpreis 2018)

Er stieg aus dem Breitboot wie einer, der von einem kurzen Weltraumausflug zurückkam. Dabei war er lange fort gewesen. Fast ein halbes Jahr hatte seine Mietzeit gedauert.

Mitunter geschah es, dass ein Kapselod-Strahl sich nur von denen trennen konnte, die seine Dienste in Anspruch nahmen. Es entstanden Bindungen persönlicher, soziologischer und kultureller Natur, die umso tiefer wurden, je andauernder sich der Kontakt mit den jeweiligen Mietern gestaltete. Eine gewisse Traurigkeit, auch Sentimentalität, war bei der Rückkehr ins Mutterschiff zu beobachten.

Für Blaupunkt schien es solche Probleme nicht zu geben. Zumindest ließ er es sich nicht anmerken. In kühler Routine streifte er seinen Schutzanzug ab und verwahrte ihn in der Halterung. Seine Artgenossen beachtete er wenig.

”Wenn du schon so lange wegbleibst, könntest du uns wenigstens begrüßen”, beschwerte sich Halbrotgelb mürrisch. In der typischen Art seines Volkes tappte Blaurotpunkt auf die Freunde zu, dabei wedelte er mit einem langen Tentakel. ¬Ich begrüße euch”, sagte er trocken. ”Ist das Schiff startklar?”

”Jederzeit”, erwiderte Halbrotgelb. ”WIR HABEN NUR AUF DICH GEWARTET!”

 

                                                               Perry Rhodan, ”Im Bann des Zweitsterns“

Es sind ja nicht nur die Literaten, es müssen keine Xavier de Maistres oder keine Gerhard Amanshausers sein, die Reisen im eigenen Zimmer veranstalten, indem sie ausgehend von den sie umgebenden Alltagsgegenständen zu fabulieren beginnen, von Reisen und vom Anderswo. Die Literatur ist voll von Beschreibungen davon, »wie« etwas »wo« sein könnte. Utopische und Science Fiction Romane, in bildgebenden Medien Gemaltes und Gezeichnetes, Filme, Fotomontagen... Immer wieder wurde und wird versucht, dieses Anderswo, vom aktuellen Wissensstand her sozusagen »neu zu erfinden« und »nach zu bauen«. Wir kennen das: die skurrilsten Einfälle (nicht nur in Fotostudios und im Trickfilm) stehen Pate für dienstbare Gerätschaften und Industrien, für Fortbewegungsmittel, Lebens- und Wohnräume und Moden, Bügeleisen mutieren dann schon mitunter zu telefonähnlichen Sprechgeräten (Raumschiff Enterprise), Sandspielkästen dienen als Attrappen für die Oberflächen von Wüstenplaneten, Kleinwüchsige in Kutten gehüllt fungieren als außerirdische Lebewesen (Star Wars) oder klassische italienische Kaffeekannen werden sogar zu Weltraumraketen (Kentridge).

 

Doch gibt es auch die Möglichkeit parallel zu den bereits existierenden (und erforschten?) Welten und abseits von einem »zivilisatorischen Gebrauchswert« Phänomene bemerken zu können, die Referenzen oder Analogien zu vermeintlich Bekanntem bilden können, zu geträumten, halluzinierten Bildwelten die nicht etwas vorzugeben haben.

 

Hier, in diesem Fall, eine Reihe von Fotografien, die im vergangenen Winter entstanden sind. Unbearbeitete Fotografien als Pigmentdrucke auf Büttenpapier. Einfache und »ganz banale Lichtbilder«. Kein Bühnenbild, kein Mimikry. Keine durch zusätzliche fotografische Raffinessen oder durch digitale Bearbeitung beeinflusste Bilder, keine Manipulation des Sets. Es ist kein »Als-Ob«. Und dennoch meint man schon Gesehenes(?) oder Vorgestelltes(?) zu erkennen(?).

 

Nicht zuletzt der Titel des Portfolios verführt dazu, Bilder aus dem Weltall erkennen zu wollen, ferne Galaxien, Sonnen und weit entfernte Sternennebel. Doch merkt man bald, dass man damit nicht richtig liegen kann, dass keine »Gegenstände« auf den Fotografien abgebildet sind. Es sind Lichter und Überschneidungen, rhythmisierte, sich wiederholende Formen zu sehen von ... ja wovon?

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